Andrast
Andrast (sindarin: Langes Kap) hieß die 150 Meilen lange Landzunge zwischen Isen und Lefnui, die die Bucht von Belfalas im Nordwesten von dem großen Westmeer Belegaer abgrenzte. Die Numenorer nannten sie Ras Morthil (sindarin: Dunkelglänzendes Horn). Der numenorische Name geht vermutlich auf die stark zerklüfteten dunklen Felsen und Berge zurück, die sich über das Kap bis weit ins Landesinnere erstreckten und auf die tiefen, schattigen Wälder, die hier wuchsen. Im Jahre 735 des Zweiten Zeitalters umsegelte Aldarion, Königserbe von Numenor, das gefährliche Kap und und drang in die Bucht von Belfalas vor.
Andrast wurde von den Numenorern nie erschlossen. Auch später, als es offiziell Teil von Gondor wurde, lebten keine Menschen dieses Volkes dort.
Aber Andrast war nicht unbewohnt. Vermutlich schon im ersten Zeitalter siedelten sich in der wilden Bergkette des Druwaith Iaur (sindarin: Altes, wildes Volk; die Berge wurden also erst viel später so genannt), die sich vom westlichen Weißen Gebirge bis nach Andrast erstreckte, Menschen an. Diese wurden abwertend als Druedain (sindarin: Wilde Menschen) bezeichnet, von welchen ein Teil auch zur Zeit der Juwelenkriege mit dem Volk Haleths nach Beleriand kam. Sie waren kleiner und dicker als andere Menschen, hatten eine primitivere Kultur, wohnten in natürlichen Höhlen und besaßen nur Gegenstände aus Stein und Holz. Andererseits waren sie aber wie geschaffen für ein Überleben in der tiefsten Wildnis, waren ausgezeichnete Jäger und kannten sich in der freien Natur aus wie kein anderes Volk. Die Druedain von Andrast lebten heimlich und versteckt, mieden andere Menschen und wurden von diesen gemieden, da einerseits das Land wenig interessant für deren Lebensweise war (Ackerbau wäre dort unmöglich gewesen) und sie auch abgeschreckt wurden. Denn wenn auch selten jemand einen der Dru zu Gesicht bekam, so wurde das Land doch bewacht von bedrohlichen, umheimlichen und ausdrucksstarken Steinstatuen (die Rohirrim nannten sie Puckelmänner), die die Druedain sich selbst nachempfanden und denen mysteriöse Kräfte nachgesagt wurden.
Die Druedain siedelten zunächst in kleinen Verbänden in den unzugänglichsten Regionen im Norden des weißen Gebirges, flohen aber vor der Macht Gondors, die sie fürchteten und außer im Druwaith Iaur blieb nur noch ein kleines Häufchen im Druadan-Wald nahe bei Minas Tirith übrig. Spuren von ihnen fanden sich auch am Dunharg. Der Urwald von Druwaith Iaur war aber ihr größtes Rückzugsgebiet. Und hier blieben sie, unbemerkt von den meisten anderen Völkern und gemieden von ihren Nachbarn und selbst am Ende des Dritten Zeitalters gehörte das Land immer noch unumschränkt ihnen, ohne daß sie sich um die Geschehnisse draußen in der Welt kümmerten, wenn sie nicht unbedingt mußten. Selbst Sauron hatte keinen Einfluß auf sie.
Die Druedain wurden durch die abgeschiedene Lage sehr zahlreich und wurden auch ein wehrhaftes Volk, das mit Giftfpeilen jagte. Als während des Ringkrieges Sarumans Orks nach Süden vordrangen wurden diese von den Druedain angegriffen. Als die Orks verjagt waren, kehrten die Wilden Menschen wieder in ihre Höhlen tief in der Wildnis zurück.
Das Kap Andrast aber blieb in den gondorischen Annalen nie etwas anderes als ein gefährliches Hindernis für die Schifffahrt auf dem Weg nordwärts.
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